Interview mit Christine Wyss: Wie das Buskers Bern mit Corona umgeht und Nachhaltigkeit lebt.

Frau Wyss, wie haben Sie dieses besondere Jahr bisher persönlich durchlebt?

Dieses Jahr war schwierig. Die Veranstaltungsbranche ist in besonders starkem Ausmass betroffen von Covid-19. Anfang Jahr waren wir euphorisch und im März in den Startlöchern für die 17. Ausgabe von Buskers Bern. Nach der Verhängung des Lockdowns haben wir sofort auf Standby geschaltet und abgewartet. Während des Lockdowns von Mitte März bis Ende April sind wir komplett in der Luft gehangen. Wir haben uns dann anderen Arbeiten gewidmet, die sonst eher liegen bleiben, wie z.B. dem Aufräumen der Lager oder der Neugestaltung der Website. Ende April hat der Bundesrat Events mit über 1’000 Personen bis Ende August verboten. Das hat uns natürlich schwer getroffen, auch wenn wir damit gerechnet hatten. Während des Berufsverbots haben wir zum Glück Kurzarbeit erhalten und konnten beim Kanton ein Ausfallsentschädigungsgesuch einreichen. Ein solches Jahr kann man in der Schweiz relativ gut überstehen, wir sind ja alle einigermassen abgesichert und werden unterstützt – viel besser als manche im Ausland. Richtig schwierig ist es jetzt, – wie geht’s weiter? Der Verlust von Kultur wie Theater-, Konzert- und Ausstellungsbesuche schmerzt.

Weil das Buskers-Festival abgesagt werden musste, haben Sie in der Folge mit einer virtuellen Hutspende Geld gesammelt. Um was ging es dabei genau?

Die Künstler*innen gehören allgemein zu den am schwersten Betroffenen und Leidtragenden. Sie haben meist keine oder nur sehr kleine Reserven, oft keine Absicherung und Versicherung, und leben sowieso schon auf sehr bescheidenem Niveau. Ihnen ist die ganze Saison 2020 ins Wasser gefallen. Das geht wirklich ans Existenzielle. Deshalb haben wir beschlossen, extra ein Crowdfunding, eine virtuelle Sammlung von Hutgeld, zu organisieren nur für unsere rund 150 Artist*innen, die wir für August gebucht hatten. Bei Buskers Bern erhalten die Artist*innen ja keine Gage, diese bezahlt das Publikum in Form von Hutgeld. Wir können Transport, Kost und Logis vergüten. Beim Crowdfunding «Together for our Artists»  haben wir das ehrgeizige Ziel von Fr. 33’333.— sogar übertroffen, Fr. 40’000.— wurden gespendet von über 400 Boostern – das ist grossartig. Die Artist*innen sind überwältigt von dieser Solidaritätsaktion und von der Grosszügigkeit des Buskers Bern-Publikums. So etwas haben sie von keinem/keiner Veranstalter*in erlebt. Das Geld haben wir nun eins zu eins weitergegeben und verteilt. Es motiviert sie und gibt Hoffnung.

Sie haben «den goldenen Besen» der Stadt Bern erhalten. Wie haben Sie diese Auszeichnung verdient?

Wir gelten ja als Pioniere in Sachen Nachhaltigkeit, deshalb haben wir auch den sog. «goldenen Besen» der Stadt Bern erhalten. Als erstes Festival überhaupt haben wir bereits 2005 – an unserer zweiten Ausgabe und vor der Pflicht ab 2007 – komplett auf Mehrweggeschirr umgestellt. Ausserdem haben wir ein eigenes Food-Label kreiert: «artgerecht – regional – für die Zukunft». Letztes Jahr haben wir zur Hälfte auf Kompotois umgestellt, dieses Jahr hätten wir ganz auf ökologische Toiletten gesetzt. Unser Festival ist per Definition eher nachhaltig ausgerichtet, die Infrastruktur allgemein sehr bescheiden, die Anreise von Artist*innen wenn immer möglich per öV oder auf dem Landweg, die Anreise des Publikums mit öV (wir stellen keine Parkplätze zur Verfügung) etc. Viele andere Veranstalter*innen haben sich bei uns Rat geholt.

Welches sind für Sie die wichtigsten Punkte, um das Buskers-Festival nachhaltig zu gestalten bzw. durchzuführen?

Der Gastrobereich ist in jeder Hinsicht der wichtigste und wirkungsvollste Punkt, sei es die interne Verpflegung oder die Zusammenarbeit mit Gastroständen/Caterern. Wir bieten z.B. an einem Tag dem OK und den Artist*innen nur veganes Essen an, unsere Köche kochen nur mit Biogemüse und -fleisch. Der andere Punkt wäre sicher der Transport der Artist*innen, da versuchen wir, wann immer möglich, Flüge zu vermeiden, was jedoch nicht immer möglich ist. Einige Punkte sind sehr kosten- resp. budgetabhängig und leider nicht immer realisierbar.

Herzlichen Dank für das Interview Frau Wyss.

Interview mit Christine Wyss, Festivalleiterin Buskers Bern

Geschrieben von Rolf Bolz, Stadt Bern

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